Viele Autofahrer wissen nicht, dass beim Fahren mit Anhänger – sei es ein landwirtschaftlicher Anhänger, ein Wohnwagen oder ein Transportanhänger – im Schadensfall gleich zwei Versicherungen haften können. Dies wurde durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs (Az. IV ZR 279/08) bestätigt: Kommt es zu einem Unfall, an dem das Gespann beteiligt ist, müssen die Haftpflichtversicherungen des Zugfahrzeugs und des Anhängers den Schaden in der Regel zu gleichen Teilen übernehmen.
Infobox: Wichtige Punkte zur Haftung bei Gespannen
- Technische Einheit: Zugfahrzeug und Anhänger bilden eine Haftungsgemeinschaft.
- Hälftige Haftung: Im Regelfall teilen sich beide Versicherungen den Schaden 50/50.
- Sonderfälle: Abweichungen nur bei klarer Verursachung durch ein Teil des Gespanns möglich.
- Keine separate Anhängerversicherung? Dann haftet allein die Versicherung des Zugfahrzeugs.
Der Unfallfall: Ein typisches Beispiel
In dem verhandelten Fall kam es zu einem folgenschweren Unfall: Eine landwirtschaftliche Zugmaschine fuhr auf nasser Fahrbahn zu schnell. Das Gespann mit einem schweren Bagger auf dem Anhänger geriet ins Schlingern, der Anhänger stieß gegen ein geparktes Auto und einen Zaun. Dabei wurde eine Frau schwer verletzt, die gerade ins Fahrzeug einsteigen wollte. Es entstand hoher Sach- und Personenschaden in Höhe von über 12.900 Euro. Die Versicherungen stritten über die Zuständigkeit – letztlich wurde entschieden: Beide Versicherungen müssen sich den Schaden teilen.
Das Urteil im Detail
Die Richter stellten klar, dass Anhänger und Zugfahrzeug im Straßenverkehr eine „technische Einheit“ bilden. Beide Fahrzeuge stehen in einem engen funktionalen Zusammenhang, da sie gemeinsam bewegt werden. Daher müssen beide Haftpflichtversicherungen den Schaden anteilig regulieren, sofern nicht besondere Umstände vorliegen, die eine andere Verteilung rechtfertigen würden.
Besonderheit bei Wohnwagen-Gespannen
Das Urteil des Bundesgerichtshofs (Az. IV ZR 279/08) zur Haftungsverteilung bei Gespannen gilt grundsätzlich auch für Wohnwagen-Gespanne.
Wichtig:
- Sobald ein Wohnwagen angekoppelt ist, bilden Zugfahrzeug und Wohnwagen eine sogenannte „Betriebseinheit“.
- Kommt es zu einem Unfall, bei dem der Wohnwagen beteiligt ist (z. B. durch Ausscheren, Schleudern oder Abreißen), haften in der Regel beide Versicherungen anteilig – also die Kfz-Haftpflichtversicherung des Zugfahrzeugs und die Anhänger-Haftpflichtversicherung (sofern separat vorhanden).
- Beide Versicherer müssen sich die Haftung teilen, üblicherweise je zur Hälfte.
ABER:
Bei vielen Wohnwagen in Deutschland gibt es keine separate Haftpflichtversicherung für den Anhänger, da die Haftpflicht meist über das Zugfahrzeug abgedeckt wird (Stichwort: „Anhänger mitversichert“). In solchen Fällen greift nur die Haftpflicht des Zugfahrzeugs.
Zusatz-Tipp:
Bei Wohnwagen ist der Versicherungsschutz oft komplizierter, vor allem wenn:
- der Wohnwagen nicht fest gekoppelt ist (z. B. abgestellter Anhänger),
- es um Kaskoschäden geht (Diebstahl, Feuer, Vandalismus).
Im Zweifel immer beim Versicherer nachfragen oder die Police genau prüfen!
Tabelle: Wer zahlt beim Gespannunfall?
Situation | Haftung Zugfahrzeug | Haftung Anhänger |
Unfall mit Anhänger & separate Anhängerversicherung vorhanden | 50 % des Schadens | 50 % des Schadens |
Unfall mit Anhänger & keine separate Anhängerversicherung | Gesamter Schaden wird von der Zugfahrzeug-Versicherung übernommen | - |
Kaskoschäden (z. B. Diebstahl, Brand) mit Anhänger | Je nach Versicherungspolice | Je nach Anhängerkaskoversicherung |
Unfall mit Wohnwagen (ohne eigene Haftpflicht) | Gesamter Schaden über Kfz-Haftpflicht abgedeckt | - |
Fazit: Rechtzeitig informieren!
Wer mit Gespann unterwegs ist, sollte sich vorab genau informieren, welche Versicherungen greifen. Besonders bei Anhängern, Wohnwagen oder Mietgespannen lohnt sich ein Blick in die Versicherungsunterlagen. Im Zweifel empfiehlt sich eine Beratung durch den Versicherer oder einen Fachanwalt für Verkehrsrecht.